Lyrik

Ivan Slamnig: Gedichte

Ivan Slamnig (1930 - 2001) war ein kroatischer Dichter, Erzähler, Essayist und Übersetzer. Slamnig ist vor allem bekannt als Autor mehrerer anthologischer Gedichtsammlungen (Aleja poslije svečanosti, dt. Allee nach der Festlichkeit; Odron, dt. Abbruch; Naronska siesta, dt. Siesta von Narona; Pjesme, dt. Gedichte usw.) und des ersten kroatischen postmodernen Romans (Bolja polovica hrabrosti, dt. Bessere Hälfte des Muts). Überdies schrieb er literaturgeschichtliche Monografien und übersetzte aus dem Englischen, Russischen, Italienischen und Schwedischen. Neben Erudition und lyrischem Artismus ist Humor die eindrucksvollste Eigenschaft seiner Dichtung, sowohl in literarischen als auch in wissenschaftlichen Werken. Wegen der Anwendung des Humors als Innovationselement und der wagemutigen Folgerung wurde er bei den Lesern und Wissenschaftlern gleichmäßig beliebt. Für seine letzte Gedichtsammlung, Ranjeni tenk (dt. Verwundeter Panzer), wurde ihm postum der angesehenste Literaturpreis in Kroatien verliehen, Tin-Ujević-Preis (2001).



 DIE VIER EVANGELISTEN

(Četiri evanđelista)

 

Drei Werkleute: ein Grübler, ein verkrachter Zimmermaler,

ein wunderlicher Arzt, ein kahler,

zahnlückig und mit schwerer Zunge,

und unter ihnen ein verrücktes Huhn - ein Junge,

der alle Bücher schon verschlungen und nicht ernst genommen.

 

Mit tiefen Furchen in der Stirne, die vom Denken kommen,

und Händen rauh und abgeschunden,

schrieben sie alle viere, kurzsichtig, verbohrt.

Allein der kleine Junge hat den Satz gefunden:

„Am Anfang war das WORT.“

 

Sie staunten alle: Lukas, Markus und Matthäus,

er staunte auch und alle staunten daß er es gewußt...

Doch während Jene Christus irrend suchen gingen,

lehnte der Junge schon an seines Herrn Brust.

Die andern waren Hüter nur und felsenhart -

Granit wie ihre Namen, Schultern und ihr Bart.

Er aber war von kindlichem Gemüt und zart,

und er erfühlte Christus wie ihn sonst nur Fraun empfingen.

 

 

SIESTA IN NARONA

(Naronska Siesta)

 

Kleine weiße Kolonnade.

Sieh ihn doch schleichen von Säule zu Säule

mit wilden Augen im Lederwams aus gelbem Luchsfell.

Während ich ihn beobachte, löst er sich

von einer Säule, jetzt siehst du ihn ganz!

Dann verdeckt ihn wieder eine andere.

Sieh doch wie wild er ist, sieh doch wie wuld'

Sieh doch sein schwarzes Haar, sieh doch wie er mich ansieht!

Es muß so ein Vardäer sein,

irgendein wilder Stamm,

ein Daorsäer, Naresius,

Dalmaite, Croate...

(Ich betrachte ihn, Weintrauben kauend

auf meiner marmornen Terrasse

umrahmt von der weißen Kolonnade.)

 

Weshalb er wohl gekommen, Drusus,

mit Bogen und mit Köcher

in seinem Wams aus Leder?

Er kam, Drusilla-Baby

um Pfeile einzukaufen,

Helme und Lanzenspitzen,

und komisches Zeug, die Kinder zu beschenken...

Was will er sich holen, Drusus?

Nadeln zum Tätowieren,

Spangen für seine Frauen?

Er kam, Drusilla-Baby,

einen Stein aus der Fassade,

ein Stückchen Kolonnade

tropfsteinweiß auszuwählen,

um unsern Hausgott zu stehlen,

um irgendwas zu klauen,

er kam, um uns niederzuhauen

ohne sich was dabei zu denken.

 

 

Deutsch von Ina Jun Broda

Berichte

Museum der zerbrochenen Beziehungen

Ein Museum in Zagreb zeigt, was von der Liebe übrig blieb.

Berichte

Lumbarda: Ein modernes Reiseziel mit antiken Wurzeln

Nur wenige Kilometer von der Stadt Korčula entfernt, am östlichen Ufer der gleichnamigen Insel, liegt das Dorf Lumbarda. Vor mehr als zweitausend Jahren war Lumbarda eine Gemeinde der griechischen Kolonie der Insel Vis.
Im Jahr 1877 entdeckten Archäologen in Lumbarda eine antike Steinschnitzerei, das als Lumbarda-Psephisma bekannt wurde.

Rezensionen

Miroslav Krležas Werk im lichte der Französischen Kritik

Bisher wurden sechs Werke Miroslav Krležas ins Französische übersetzt, und zwar: „Beisetzung in Theresienburg“ (Novellen, Edition de Minuit, in der Übersetzung von Antun Polanšćak mit einem Vorwort von Léon Pierre Quint, Paris 1956), „Die Rückkehr des Filip Latinovicz“ (Roman, herausgegeben von Calman, Lévy, in der Übersetzung von Mila Đorđević und Clara Malraux, Paris 1957), „Das Bankett von Blitwien“ (Roman, herausgegeben von Calman-Lévy, in der Übersetzung von Mauricette Beguitch, Paris 1964). „Ohne mich“ (Roman, Edition De Seuil, übersetzt von Janine Matillon, Paris 1969), „Der kroatische Gott Mars“ (Novellen, herausgegeben von Calman-Lévy, übersetzt von Janine Matillon und Antun Polansćak, Paris 1971). „Die Balladen des Petrica Kerempuch“ (Edition Presse Orientales de France, übersetzt von Janine Matillon, Paris 1975).
Sie alle haben eine warme Aufnahme gefunden. Wir bringen hier einige Auszüge aus Rezensionen (Maurice Nadeau, Léon Pierre Quint, Claude Roy, Marcel Schneider und andere), die das Werk Krležas auf jeweils verschiedene Art und Weise beleuchten.
Maurice Nadeau widmet (u. d. T. „Ein großer jugoslavischer Schriftsteller“) im „France Observateur“ vom 20. Juni 1956 eine ganze Seite dem Erscheinen der Novellensammlung „Beisetzung in Theresienburg“. Daraus einige charakteristische Passagen: Für viele wird die Novellensammlung „Beisetzung in Theresienburg“ zu einer wirklichen Offenbarung werden...

Der Text ist ursprünglich in der Literaturzeitschrift Most/The Bridge (Heft 3-4, 1979) erschienen.

Berichte

Das Bild der Deutschen in der neuen kroatischen Literatur

Modernisierer, Kollaborateure, Faschisten: Die Geschichte und die Wahrnehmung der Balkandeutschen ist vielfältig und bis heute mit Tabus belegt. In den letzten Jahren sind sie jedoch zum Thema der kroatischen Literatur geworden.

Von Martin Sander und Ksenija Cvetković-Sander / Deutschlandfunk kultur

Berichte

Was willst du in Senj, Thilo?

"Und du willst nach Senj, Thilo?“

Ja. Ich wollte trotz des touristischen Überangebot Kroatiens jene Stadt sehen, in die der von den Nazis verfolgte Kurt Held und seine Frau Lisa Tetzner 1940 kamen und Inspiration zum Verfassen der „Roten Zora“ erhielten.

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